Starke Leistung: Elmar Slama und das Domorchester locken trotz Frühlingswetter Besucher in Scharen
Ein barocker „Traumtag“ mit allen sechs Solo-Klavierkonzerten von Johann Sebastian Bach, als musikalischer Marathon präsentiert von Elmar Slama mit den Streichern des Passauer Domorchesters unter der Leitung von Domkapellmeister Gerhard Merkl – das war ein gewagtes Unterfangen. Drei Stunden höchster Ansprüche an die Musiker wie an die Hörer, keine Chance, sich nur berieseln zu lassen – dennoch strömten die Besucher trotz Traumfrühlingswetter in Scharen zur Sonntagsmatinee ins Gymnasium Freudenhain und zur Soiree ins Pianohaus Mora. Dessen Chef Carlos Mora setzte das einzige und zugleich fundamentale Fragezeichen hinter das ambitionierte Projekt: „Wir Klavierbauer sind Kinder der Moderne“, mit Barock habe dieses Handwerk überhaupt nichts am Hut. Doch Bach am Flügel statt Cembalo: Das ging gut, wenn auch in unterschiedlichem Maß.
Im barocken Festsaal von Freudenhain nämlich schien die Akustik dem Klangbild eine Puderperücke überzustülpen. Was für scharftönende Barockinstrumente von Vorteil gewesen wäre, erwies sich für die moderne Besetzung als Herausforderung. Der satte Klang des Domorchesters kam teilweise etwas dunmpf beim Hörer an, der Steinway-Flügel konnte dem nicht viel entgegensetzen. Womöglich hätte Gerhard Merkl dem schwungvollen und tatkräftigen Spieltrieb seines Domorchesters hier etwas strengere Zügel anlegen dürfen, auch um merkliche rhythmische Unstimmigkeiten in der Mitte des Kopfsatzes im d-Moll Konzert zu vermeiden. Restlos überzeugt war man bis dahin jedenfalls noch nicht.
Wie ausgewechselt dann der Eindruck in der nüchternen, akustisch überraschend angenehmen Atmosphäre des kleinen Auditoriums bei Piano Mora: klar konturiert und aufmerksam intoniert das Spiel der Streicher, in allen Lagen und Dynamikbereichen souverän der riesige Bösendorfer-Flügel. Nun konnte man wirklich genießen, was Elmar Slama mit souveräner Spieltechnik hervorzauberte: einen Bach der „alten Schule“, etwas romantisch, etwas verspielt, immer von majestätischer Pracht.
Bemerkenswert war die konditionelle Ausdauer aller Musiker, die es schafften, nach bereits 15 gespielten Sätzen ausgerechnet das abschließende D-Dur – Konzert zum Höhepunkt des ganzen Tages zu machen und darin besonders den Mittelteil des langsamen Satzes mit seinem pizzicatoartigen Klavierpart. Hier kostete Elmar Slama sichtlich die filigrane Ruhe der Musik aus, nachdem ihm in den kräftezehrenden Kompositionen fast kein Takt Pause gegönnt war. Ein Kompliment gebührt Katharina Jauernig, die ihren Parforceritt als Einzelkämpferin am Cello bis zum Schluss mit tadelloser Spielkultur durchhielt.
Dass sich die Strapazen für die am Ende erschöpft, aber glücklich dreinblickenden Musiker gelohnt haben, dafür sorgte ein langanhaltender Applaus und das Bewusstsein, einen guten Zweck zu unterstützen. Dem Verein Ugandahilfe Freudenhain bescherte der Traumtag ein Traumergebnis von 2300 Euro aus Sponsoren und Eintrittsgeldern für St.Sebastian Senior Secondary School in der ugandischen Pfarrei Betlehem, wo die landwirtschaftliche Selbstversorgung der über 300 Schüler unterstützt werden soll.
Passauer Neue Presse, Feuilleton, 27. März 2012, Autor: Tobias Weber
Fotos: E.Ernst