Zeitung: Passauer Neue Presse, Autor: Tobias Weber
Erhellender Klavierabend mit Elmar Slama beim Festival „Alles im Fluss“
Neue, zeitgenössische, zeitgemäße Musik – mit diesen Begriffen jongliert das Passauer Festival „Alles im Fluss“. Wie wenig aussagekräftig solche Charakterisierungen letztlich sind, demonstrierte anschaulich der Klavierabend von Elmar Slama in der Heiliggeist – Kirche, bei dem Charakterstücke von Schönberg, Brahms, Lachenmann, Berg und Reger die Uraufführung der Komposition „Dreifaltig“ des 1978 geborenen Passauers Philipp Ortmeier umrahmten. Das wohl „modernste“ Werk waren dabei die drei Klavierstücke op.11 von Schönberg – 1909 entstanden, muten sie in ihrer freitonalen Klanglichkeit bis heute aufreizend fremd an, mehr sogar als Lachenmanns „5 Variationen über ein Thema von Schubert“ von 1956, deren ausgeprägt tänzerischer und pianistisch virtuoser Charakter über den Bruch mit der Tonalität hinwegtröstet und dadurch als logische Weiterentwicklung dessen erscheint, was Reger und Berg spätromantisch vorgezeichnet haben. Im Gespräch mit Elmar Slama machte Philipp Ortmeier deutlich, dass publikumsferne Avantgarde nicht seine Welt ist, auch wenn etwa Techniken der „Minimal Music“ in sein Opus „Dreifaltig“ einfließen; die Assoziation mit Filmmusik ist nicht abwegig, in der allein heute „schöne“ Musik noch als „zeitgemäß“ akzeptiert wird. Konsequente Strukturierung in „Dreier“ – Elementen vereint Ortmeiers Komposition mit klarer Tonalität und ruhig dahinströmender Entwicklung und schafft so meditative Sinnlichkeit, die den Bogen schlägt zurück zum ältesten Werk des Abends, den 1892 entstandenen Intermezzi op.117 von Brahms. Die technisch wie künstlerisch souveräne Selbstverständlichkeit im Spiel von Elmar Slama samt seiner informativen Werkeinführungen öffnete hochinteressante Blicke auf Epochen des musikalischen Umbruches, in denen tatsächlich „Alles im Fluss“ ist und nicht alles „neu“ klingen muss, um „zeitgemäß“ zu sein